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Vereint im Einsatz für den Menschen

50 Jahre Mitgliedschaft: Georg Rothöhler spricht im Interview über die Entwicklung der Lebenshilfe Südliche Weinstraße und über Hürden, die es auf dem gemeinsamen Weg zu überwinden galt.

erstellt am 23.11.2023

Vor 50 Jahren sind Sie Mitglied der heutigen Lebenshilfe Südliche Weinstraße geworden. In welcher Phase befand sich der Verein damals?
Georg Rothöhler: Die Lebenshilfe war in erster Linie ein Selbsthilfeverein engagierter Eltern von Kindern mit Behinderung. Regelmäßig trafen sie sich privat zu Elternstammtischen, um sich über ihre alltäglichen Sorgen und Herausforderungen auszutauschen. Beratungsangebote, wie sie heute selbstverständlich sind, gab es damals nicht. Auch die Möglichkeiten zur Teilhabe am Arbeitsleben waren noch sehr eingeschränkt. Nach der Insolvenz einer Tiefbaufirma in Offenbach war 1968 der Umzug der ein Jahr zuvor in Landau entstandenen „Beschützenden Werkstätte“ der Lebenshilfe möglich geworden. Eine Gruppe von etwa 15 Menschen mit Behinderung übernahm in einem Raum im Erdgeschoss – der heutigen Turnhalle – zunächst einfache handwerkliche Tätigkeiten. Im Obergeschoss befand sich die kommunale Sonderschule G.

Sie wurden nicht nur Mitglied der Lebenshilfe, sondern haben als stellvertretender Vorsitzender von Anfang an Verantwortung übernommen.
Georg Rothöhler: Es war mir wichtig, die großartige Pionierarbeit der Lebenshilfe weiter voranzutreiben. Damals hatte ich nach dem Abschluss meines Jura-Studiums gerade meine Tätigkeit in der Verwaltung des 1969 im Zuge der Kreisreform neu geschaffenen Landkreises Landau-Bad Berg-zabern übernommen, aus dem 1978 der Landkreis Südliche Weinstraße hervorging. Der Kontakt zur Lebenshilfe kam über Landrat Gerhard Schwetje zustande. Am 23. November 1973 wurde ich zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Gemeinsam mit dem Gründungsmitglied Prof. Dr. Hermann-Josef Wilbert, der bis 1986 Vorsitzender war, haben wir richtungsweisende Vorhaben erfolgreich umgesetzt. 1974 öffnete in Nußdorf eine erste Kindergartengruppe der Lebenshilfe ihre Pforten. Auch die Südpfalzwerkstatt, die schnell ihre Kapazitätsgrenze erreicht hatte, wuchs. Nachdem unsere Pläne zunächst abgelehnt worden waren, wurden im Herbst 1974 die erforderlichen Mittel bewilligt. Ab 1976 ermöglichte der Neubau in der Offenbacher Jakobstraße 120 Menschen mit Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben. Heute sind es 830 in insgesamt fünf Werken. Immer wieder mussten wir uns gegen Widerstände behaupten, um den Menschen, die wir begleiten, ein besseres Leben zu ermöglichen. Das nahm viel Zeit in Anspruch, was auch für meine Familie mit Entbehrungen verbunden war. Die Offenheit, das Vertrauen und die Herzlichkeit der Menschen in unseren Einrichtungen haben mich tief beeindruckt und mich immer wieder neu angespornt, mich tatkräftig für sie einzusetzen.

Südpfalzwerkstatt an in Offenbach: Besichtigung im Jahr 1977
Der langjährige Lebenshilfe-Vorsitzende Georg Rothöhler in den 1970er Jahren

Macher: Georg Rothöhler übernahm früh aktiv Verantwortung. Das obere Bild zeigt eine Besichtigung der Südpfalzwerkstatt im Jahr 1977.

Wie veränderte sich die Situation im Bereich Wohnen?
Georg Rothöhler: Aus Kindern mit Behinderung waren erwachsene Menschen geworden. Einige konnten zu Hause nicht mehr angemessen betreut werden, andere hatten gar ihre Eltern verloren. Für die Umsetzung unseres Plans, in Offenbach ein Wohnheim zu errichten, spielte die Unterstützung durch engagierte Eltern und Förderer eine wichtige Rolle. Im Juni 1977 wurde das „Konrad-Lerch-Wohnheim“ eingeweiht. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal der Gemeinde Offenbach und ihren Bürgermeistern danken. Sie haben uns mit offenen Armen empfangen.

Inwiefern war diese Haltung für die damalige Zeit außergewöhnlich?
Georg Rothöhler: Dass Menschen mit Behinderung als Mitglieder unserer Gesellschaft die gleiche Chancen auf selbstbestimmtes Lernen, Wohnen, Arbeiten und Leben haben: Dieses Menschenbild haben wir als Lebenshilfe von Anfang an vertreten. Die gesellschaftliche Realität sah zunächst anders aus. Verantwortliche in der Politik haben Handlungsbedarfe erkannt und die rechtlichen Rahmenbedingungen schrittweise verbessert. In der Wahrnehmung der breiten Bevölkerung hingegen fand die Auseinandersetzung mit dem Thema Integration vielerorts kaum statt. Die Situation von Menschen mit Behinderung wurde lange verdrängt oder war noch immer schambehaftet. Die Menschen in Offenbach waren schon damals ein Vorbild darin, Hürden in den Köpfen zu überwinden.

Georg Rothöhler mit Irmgard Rosin, der ersten Besucherin der Tagesbetreuung

Georg Rothöhler mit Irmgard Rosin, der ersten Besucherin der Tagesbetreuung

Über die Jahrzehnte hat sich das Menschen- und Gesellschaftsbild stark weiterentwickelt.
Georg Rothöhler: Absolut! Heute kann sich niemand mehr über Menschen mit Behinderung und ihre Belange hinwegsetzen. Diesen Bewusstseinswandel verdanken wir nicht zuletzt den Lebenshilfe-Organisationen sowie den Eltern und Förderern, die sich für eine Gesellschaft stark machen, in der alle Menschen dazugehören. Auch den Angestellten in unseren Einrichtungen, die ihrer Berufung folgen und diesen Auftrag Tag für Tag hochmotiviert mit Leben füllen, verdanken wir unglaublich viel. Alle gemeinsam haben dazu beigetragen, dass Menschen mit Behinderung heute ganz anders wahrgenommen werden. Das Bild schutzbedürftiger Personen, denen man weniger zutraut als anderen Menschen und die man absondert, hat längst ausgedient. Jeder Mensch ist einzigartig und gleichwertiger Teil unserer Gesellschaft. Indem wir seine persönlichen Stärken, Wünsche und Bedürfnisse in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen, ermöglichen wir es ihm, sein Potential bestmöglich zu entfalten.


Zwischen 1986 und 2020 haben Sie als Vorsitzender die Geschicke der Lebenshilfe Südliche Weinstraße maßgeblich geprägt. Wie hat sich während dieser Zeit der Verein verändert?
Georg Rothöhler: Von Kindergärten über die Offenen Hilfen bis zu Wohneinrichtungen und von der Südpfalzwerkstatt bis zu unseren Inklusionsbetrieben: Mit immer differenzierteren Angeboten haben wir uns zu einer der führenden Lebenshilfen in Rheinland-Pfalz entwickelt. Heute ist die Lebenshilfe Südliche Weinstraße als Träger vielfältiger sozialer Einrichtungen ein wichtiger Partner für weit über 1.000 Menschen mit Behinderung in der Region und ihre Familien. Mit Marina Hoffmann, die seit Mai 2020 als hauptamtlicher Vorstand die Geschäftsführung der Lebenshilfe und ihrer Gesellschaften verantwortet, haben wir eine hervorragende Nachfolgerin gefunden.

Warum bleibt es auch in Zukunft wichtig, sich als Mitglied in der Lebenshilfe Südliche Weinstraße zu engagieren?
Georg Rothöhler: Unser Weg zu einer Gesellschaft, in der alle Menschen in allen Bereichen die gleichen Chancen haben, ist noch weit. Wir brauchen auch in Zukunft Eltern und Förderer, die sich aktiv dafür einsetzen. Nicht zuletzt bringt eine Mitgliedschaft in der Lebenshilfe Südliche Weinstraße zum Ausdruck, was uns alle verbindet – unsere gemeinsame Haltung.

Interview: Dennis Christmann

Zur Person

1942 im nordfriesischen Husum geboren, wuchs Georg Rothöhler in Worms auf. Nach seinem Abitur in der Nibelungenstadt folgte ein Jurastudium in Mainz und Freiburg, das er als Volljurist mit Prädikatsexamen abschloss. Im Jahr 1973 wurde Georg Rothöhler Regierungsrat. Ab 1981 war er Leitender Kreisverwaltungsdirektor und Dezernent des Landkreises Südliche Weinstraße für Jugend, Soziales und Gesundheit sowie das Bauwesen.

Der heutigen Lebenshilfe Südliche Weinstraße trat der dreifache Familienvater im November 1973 bei und wurde sogleich deren stellvertretender Vorsitzender. Von 1986 bis zu seinem Rücktritt im Mai 2020 prägte Georg Rothöhler als Vorsitzender maßgeblich die erfolgreiche Weiterentwicklung des Vereins und seiner Einrichtungen.

Unter seiner Führung wurden unter anderem die Werke Wörth, Herxheim und Offenbach 3 der Südpfalzwerkstatt in Betrieb genommen. Zudem nahmen der heutige Fachdienst für Assistenz und Teilhabe und das Autismuszentrum Südpfalz ihre Arbeit auf. Neben weiteren Einrichtungen öffneten das Wohnheim im Lazarettgarten in Landau, das Konrad-Lerch-Wohnheim Haus 3 in Offenbach, der CAP-Markt in Herxheim und die inklusive Kindertagesstätte „Pusteblume“ in Bad Bergzabern ihre Pforten.

Darüber hinaus engagierte sich Georg Rothöhler über Jahrzehnte hinweg in vielfältiger Weise ehrenamtlich, unter anderem als Vorstandsmitglied des Landesverbands Rheinland-Pfalz der Lebenshilfe, als Vorstandsmitglied des DRK-Kreisverbands Südliche Weinstraße, als Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Landau, als Mitglied im damaligen Landesbehindertenbeirat, im Landespsychiatriebeirat und im Landessozialbeirat.

Für sein gesellschaftliches Engagement erhielt Georg Rothöhler zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Ehrennadel in Gold der Bundesvereinigung Lebenshilfe, die Ehrennadel der Gemeinde Offenbach, Verdienstmedaille und Ehrennadel des DRK, die Staatsmedaille des Landes Rheinland-Pfalz für besondere soziale Verdienste und der Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz sowie das Bundesverdienstkreuz.

Ansprache von Georg Rothöhler während der Sanierung der Werke Offenbach 1 und Offenbach 2

Ansprache von Georg Rothöhler während der Sanierung der Werke Offenbach 1 und Offenbach 2

Grundsteinlegung der Kita „Pusteblume“ in Bad Bergzabern mit dem damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck

Grundsteinlegung der Kita „Pusteblume“ in Bad Bergzabern mit dem damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck

Georg Rothöhler bei der Feier zum 20-jährigen Bestehen des Wohnheims Lazarettgarten in Landau mit der früheren Landrätin Theresia Riedmaier

Feier zum 20-jährigen Bestehen des Wohnheims Lazarettgarten in Landau mit der früheren Landrätin Theresia Riedmaier

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